Dieses Gespräch erschien erstmals auf QS24 – Schweizer Gesundheitsfernsehen. Alexander Glogg führt im Wissenschafts‑Gremium ein fokussiertes Interview mit Dr. rer. nat. habil. Burkhard Poeggeler, einem der international bekanntesten Forscher zum Thema Melatonin. In diesem Beitrag erfahren Sie kompakt und praxisnah, was Melatonin wirklich ist, welche therapeutischen Chancen bestehen und wie Sie als informierte Patientinnen oder Patienten gemeinsam mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt den besten Weg für sich finden.
Der Inhalt
- Kurzportrait des Gesprächspartners
- Das Interview
- Praktische Empfehlungen aus dem Gespräch
- FAQ – Häufige Fragen
- Wie weiter? Empfehlungen & Ressourcen
- Abschließende Gedanken
Kurzportrait des Gesprächspartners
Dr. Burkhard Poeggeler ist Biowissenschaftler mit jahrzehntelanger Forschungserfahrung an Universitäten in Deutschland und den USA. Er beriet Behörden wie die FDA und die EFSA und hat maßgeblich zur Bekanntheit von Melatonin beigetragen. In diesem Interview fasst er Erkenntnisse, Chancen und Risiken zusammen und gibt praktische Hinweise für Prävention und therapeutische Anwendungen.

Das Interview
Alexander Glogg: Was genau ist Melatonin und warum ist es aktuell so ein wichtiges Thema?
Dr. Poeggeler erklärt, dass Melatonin weit mehr als nur das «Schlafhormon» ist. Es fungiert als Neurohormon, reguliert den zirkadianen Rhythmus und hat starke antioxidative, zellschützende und energetische Eigenschaften. Melatonin ist amphiphil – es gelangt in viele Kompartimente, kann Zellbarrieren durchdringen und ist in Geweben intrazellulär in sehr viel höheren Konzentrationen nachweisbar als im Blut. Es wirkt teilweise rezeptormediiert, teilweise als katalytisches Antioxidans, das vor allem Mitochondrien im Energiestoffwechsel unterstützt.
Alexander Glogg: Sie haben von Melatonin im Darm gesprochen – welche Rolle spielt das enterische System?
Poeggeler betont, dass der Darm tonnenweise Melatonin produziert – deutlich mehr als die Zirbeldrüse in der Blutbahn. Darmzellen und das Mikrobiom synthetisieren Melatonin; die Einnahme von Tryptophan oder tryptophanreichen Proteinen kann die lokale Melatoninproduktion stark erhöhen. Das zeigt die Brücke zwischen Ernährung, Mikrobiom und neuroendokriner Regulation.
Alexander Glogg: Es gibt Hinweise auf Effekte bei Alzheimer und Gefäßablagerungen – was wissen die Daten?
Dr. Poeggeler weist auf Studien hin, die belegen, dass Melatonin die Aggregation von Beta‑Amyloid hemmt und sogar die Löslichkeit und den Abtransport von Aggregaten über das glymphatische System fördern kann. Dies hat enorme Implikationen für neurodegenerative Erkrankungen sowie die Prävention vaskulärer Verkalkungen und Schlaganfälle. Große, randomisierte Studien fehlen jedoch noch.

Alexander Glogg: Gibt es erfolgreiche Pilotstudien – zum Beispiel bei ALS oder anderen Erkrankungen?
Ja. In kleineren Studien mit hohen Dosen (z. B. 300 mg als Suppositorium) zeigten sich beeindruckende symptomatische Verbesserungen bei neuromuskulären Erkrankungen wie ALS. Die Patienten waren zu Beginn sediert, doch nach einigen Wochen stabilisierten sich Effekte wie Entgiftung, Reduktion freier Radikale und gesteigerte ATP‑Produktion. Solche Ergebnisse rechtfertigen größere klinische Trials.

Alexander Glogg: Wie sieht die regulatorische Lage in Europa und den USA aus?
Dr. Poeggeler erklärt die Unterschiede: In Europa hat die EFSA Melatonin größtenteils als Lebensmittel/Nahrungsergänzung anerkannt und sogar Health Claims zugelassen (z. B. für Schlaf, Jetlag). In einigen Ländern existieren jedoch nationale Beschränkungen. In den USA führte eine Rechtsgeschichte dazu, dass Nahrungsergänzungen – unter bestimmten Voraussetzungen – weniger restriktiv gehandhabt werden. Das führt zu inkonsistenten Regeln und Verwirrung bei Anwenderinnen und Anwendern.

Alexander Glogg: Welche Darreichungsformen sind besonders sinnvoll – oral, retardiert, sublingual oder nasal?
Poeggeler unterscheidet: Standard‑Oralgabe wird schnell abgebaut (Leber, Darm), deshalb bleibt oft nur ~1 % systemisch erhalten. Targeted‑Release‑Formulierungen, sublinguale Präparate oder nasale Sprays erreichen deutlich höhere Bioverfügbarkeiten. Für präventive oder gewebsspezifische Anwendungen können niedrige Dosen mit hoher Bioverfügbarkeit besser wirken als hohe orale Einzeldosen.

Alexander Glogg: Kann Melatonin helfen, Umweltbelastungen wie Feinstaub oder Mikroplastik zu entschärfen?
Dr. Poeggeler beschreibt ein interessantes Wirkprinzip: Melatonin bindet oxidative Partikel, fördert deren Transport und Ausscheidung und unterstützt Regenerationsprozesse. In Kombination mit einer ballaststoffreichen Ernährung (resistente Stärke, Oligofructose) lässt sich die Detoxifikation über Darm und Gehirn (glymphatisches System) unterstützen. Dies ist ein praktischer Brückenschlag von der Prävention zur Therapie.
Praktische Empfehlungen aus dem Gespräch
- Für Gesunde: abends, vor dem Schlafen, niedrig dosieren (z. B. 0.5–3 mg) – ideal sind Formen mit hoher Bioverfügbarkeit (targeted release oder sublingual).
- Bei schweren Indikationen (neurodegenerative Erkrankungen, Krebs): ärztliche Begleitung und mögliche Rezepturpräparate (Magistralrezepturen) sind der richtige Weg.
- Achten Sie auf Produktqualität: Phyto‑Melatonin (z. B. CO2‑Extrakte aus Kaffee) haben weniger Verunreinigungen als manche synthetischen Präparate.
- Kombinieren Sie Melatonin‑Strategien mit Ernährung (tryptophanreiche Proteine, Ballaststoffe) und antioxidativen Co‑Faktoren (Vitamin C + Bioflavonoide, CoQ10/Ubiquinol).

FAQ – Häufige Fragen
Ist Melatonin sicher bei Langzeitanwendung?
Dr. Poeggeler weist darauf hin, dass Millionen Menschen Melatonin über Jahre eingenommen haben, oft in niedrigen Dosen, ohne schwerwiegende Nebenwirkungen. Wie bei allen Wirkstoffen gilt: Die Dosis macht das Gift. Bei Autoimmunerkrankungen, Diabetes oder wenn Sie Medikamente einnehmen, sollte eine ärztliche Rücksprache erfolgen.
Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Gelegentlichere Nebenwirkungen sind Müdigkeit am Tag bei falscher Einnahmezeit, Albträume oder Blutdrucksenkung. Bei hoher oraler Dosierung können vasokonstriktive Effekte oder Desynchronisierung des zirkadianen Rhythmus auftreten. Sublinguale oder nasale Wege können gezielter wirken und manche Nebenwirkungen reduzieren.
Kann jede Ärztin bzw. jeder Arzt Melatonin verordnen?
Ja. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Verordnung von Rezepturarzneimitteln (Magistralrezepturen) möglich. Somit kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt individuell passende Formulierungen verordnen – idealerweise nach ausführlicher Anamnese und Indikationsprüfung.
Welche Produkte empfehlen Sie für zuhause?
Für die Selbstmedikation empfiehlt Dr. Poeggeler qualitativ hochwertige sublinguale Präparate oder targeted‑release Tabletten mit niedriger Dosis am Abend. Bei therapeutischem Bedarf sind galenisch aufbereitete Präparate, Nasensprays oder Rezepturen die bessere Lösung.
Wie weiter? Empfehlungen & Ressourcen
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Praktische Links und Angebote:
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Abschließende Gedanken
Dr. Poeggeler macht deutlich: Melatonin ist kein Wunderstoff, aber ein kraftvoller, vielseitiger Mediator zwischen Ernährungsmedizin, Mikrobiomforschung und Neuroprotektion. Die Brücke zwischen Schulmedizin und Ganzheitsmedizin lässt sich mit fundierter Forschung und verantwortungsvoller Anwendung bauen – genau dafür steht auch QS24.
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Herzlichen Dank für Ihr Interesse. Mit freundlichen Grüßen und in tiefer Dankbarkeit,
Alexander Glogg
QS24 – Schweizer Gesundheitsfernsehen














