Inhaltsverzeichnis:
- Grenzwerte, Gletscherträume und deutsche Realitäten
- Wasser testen statt rätseln: Hausmittel, Aktionen und echte Messungen
- Die Filter-Falle: Zwischen Gimmick, Bakterienschleuder und echter Hilfe
- Wasserromantik trifft Wissenschaft – Plädoyer für Wachsamkeit und Gelassenheit
Man erinnert sich selten an sein erstes Glas Leitungswasser, aber an den Moment, als der Familienhund sich lieber am Gartenschlauch bedient hat als an der Trinkschale? Unvergesslich. Diese Alltagsmomente werfen die Frage auf: Wie bedenkenlos können wir hierzulande unser Wasser wirklich trinken, wenn sogar der Hund misstrauisch wird? Der populäre Wasserexperte Erich Meidert nimmt uns heute mit auf seine Tour durch die faszinierende Welt zwischen Wassermythos und Filterpraxis – ungelogen, schonungslos und mit einer Prise Humor.
Grenzwerte, Gletscherträume und deutsche Realitäten
Wie steht es eigentlich um die Qualität unseres Wassers? Die scheinbar beruhigende Antwort lautet oft: “Alles in Ordnung.” Doch stimmt das wirklich?
Grenzwerte im Wandel
“Die WHO gibt ja Grenzwerte raus für Schadstoffe im Wasser und es heisst eigentlich weitgehend, überall ist das Wasser in Ordnung.”
Diese weit verbreitete Aussage klingt zunächst beruhigend. Doch die Realität sieht etwas anders aus.
Was viele nicht wissen: Grenzwerte sind keine unveränderlichen Naturgesetze. Sie werden kontinuierlich angepasst – und zwar meist nach oben. Ein Beispiel? Die elektrische Leitfähigkeit von Wasser:
- 1980er Jahre: Maximal 400 Mikrosiemens (EU-Richtlinie)
- Heute: Bis zu 2.500 Mikrosiemens bei 20°C in Deutschland
- Bei 25°C sogar bis zu 2.790 Mikrosiemens erlaubt
Das entspricht einer Erhöhung um mehr als das Sechsfache! Ähnlich wie bei der Staatsverschuldung wurden die Limits einfach nach Bedarf verschoben.
Was elektrische Leitfähigkeit wirklich verrät
Leitfähigkeit und Ohmscher Widerstand – Begriffe, die viele an den Physik-Unterricht erinnern. Doch was bedeuten sie für unser Wasser?
Elektrische Leitfähigkeit entsteht durch gelöste, leitende Stoffe im Wasser. Die Wasserindustrie suggeriert gerne, es handle sich dabei um “wertvolle Mineralien” wie Kalzium und Magnesium. Was sie nicht erwähnt: Auch Schadstoffe wie Arsen, Quecksilber und Nitrat sind elektrisch leitend.
Nationale Unterschiede bei Grenzwerten
Besonders deutlich wird der willkürliche Charakter von Grenzwerten beim Vergleich verschiedener Länder:
Bei Nitrat beispielsweise erlaubt Deutschland grosszügige 50 mg/l, während die “Weicheier” in der Schweiz (wie es im Wasserjargon manchmal heisst) nur 25-40 mg/l tolerieren. Gesundheitlich begründbar ist dieser Unterschied kaum.
Der Mythos vom reinen Gletscherwasser
Viele träumen vom kristallklaren Gletscherwasser – unberührt und rein. Ein romantisches Bild, das leider mit der Realität wenig zu tun hat.
Selbst in den entlegensten Gebirgsregionen finden sich heute Rückstände von:
- Medikamenten
- Umweltchemikalien
- Mikroplastik
Die Schadstoffe werden über die Luft transportiert und regnen auch auf Gletscher nieder. Was früher als Verschwörungstheorie galt, ist heute wissenschaftlich belegt: Selbst am “Ende der Welt” ist unser Wasser nicht mehr wirklich rein.
Was bleibt, ist die Erkenntnis: Unsere Wasserqualität spiegelt den Grad der Umweltverschmutzung wider und ist längst nicht so hoch, wie wir es erwarten dürften.
Wasser testen statt rätseln: Hausmittel, Aktionen und echte Messungen
Warum blind vertrauen, wenn man selbst nachprüfen kann? Viele Menschen wissen nicht wirklich, was in ihrem Leitungswasser steckt. Grenzwerte und Berichte der Wasserwerke sind das eine – aber was kommt tatsächlich aus Ihrem Wasserhahn?
Das Fieberthermometer-Prinzip für Ihr Wasser
Kennen Sie das? Wenn Sie Fieber haben, wissen Sie: Etwas stimmt nicht. Aber was genau Ihnen fehlt, verrät das Thermometer noch nicht.
Praktische Aktion: Wasser-Testset für jeden Haushalt
Für nur 10 Euro plus Versand erhalten Sie:
- Drei Liter Vergleichswasser
- Ein TDS-Messgerät für zu Hause
- Nitrat-Teststäbchen für erste Analysen
Diese einfache Kombination ermöglicht jedem, die grundlegende Qualität des eigenen Wassers zu überprüfen. Kein Chemiestudium nötig!
Was bedeutet TDS und warum ist es wichtig?
TDS steht für “Total Dissolved Solids” – die Gesamtmenge gelöster Stoffe im Wasser. Je höher dieser Wert, desto mehr Fremdstoffe enthält Ihr Wasser.
Denken Sie wieder ans Fieberthermometer: 39°C ist ein klares Warnsignal. Es sagt nicht, was das Problem ist, aber dass eines existiert.
Der elektrische Widerstand des Wassers verrät viel. Je sauberer Wasser ist, desto höher ist sein Widerstand. Ein einfaches physikalisches Prinzip, das jeder Elektriker bestätigen kann.
Selbstermächtigung statt blindem Vertrauen
Mit diesen einfachen Tests können Sie:
- Einen ersten Einblick in Ihre Wasserqualität gewinnen
- Vergleichen, ob Filterlösungen wirklich etwas bewirken
- Besser verstehen, was Sie täglich trinken
Warum sollen Sie Verkäufern von teuren Filtersystemen vertrauen, wenn Sie selbst nachmessen können? Diese kleinen Messgeräte geben Ihnen die Macht zurück, eigene Entscheidungen auf Basis von Fakten zu treffen.
Natürlich ersetzt dies keine professionelle Laboranalyse. Aber es ist ein erster, wichtiger Schritt zu mehr Transparenz im eigenen Zuhause. Und manchmal reicht schon dieser erste Hinweis, um Probleme zu erkennen und genauere Analysen vorzunehmen.
Die Filter-Falle: Zwischen Gimmick, Bakterienschleuder und echter Hilfe
Wer kennt sie nicht? Die kleinen Filterkannen in vielen deutschen Küchen. Ursprünglich von einer gewissen Brigitte gegründet, sind Brita-Filter heute omnipräsent – aber was bringen sie wirklich?
Der Klassiker: Brita & Kannenfilter
Diese Filterchen – nennen wir sie ruhig so – funktionieren im Prinzip wie ein einfacher Kaffeefilter. Sie halten ein bisschen Kalk zurück, aber keine Wunderdinge.
Wichtig zu wissen: Im Sommer können diese Filter zur echten Keimschleuder werden! Stellen Sie sie unbedingt in den Kühlschrank, nicht in die Sommerhitze. Bakterien lieben Wärme und vermehren sich rasant.
Die typischen Kannenfilter kosten nicht viel und filtern auch nicht viel – aber wie man auf Bayerisch sagt: “Ein bissel was hilft’s”. Immerhin etwas Kalkreduktion.
“Die sammeln heute Fremdstoffe, aber sagen wir mal, mit ‘nem guten Wasser, wie ich’s jetzt vom Gletscher und von den, was die weltberühmten Forscher oder was die Natur uns angedeihen lässt, hat’s natürlich wenig zu tun, aber auf Bayerisch wieder, ein bissel was hilft’s. Jetzt es hilft etwas.”
Die Mittelstufe: Aktivkohle- und Carbonitfilter
Diese fortschrittlicheren Systeme kosten zwischen 80 und 150 Euro – mit Extra-Ausstattung bis zu 1.000 Euro. Sie funktionieren nach einem anderen Prinzip:
- Gutes Rückhaltevermögen für viele Schadstoffe
- Absorption statt blosser Filterung
- Besser als Kannenfilter, aber mit Tücken
Hier lauert ein Problem: Diese Filter sammeln und sammeln… aber irgendwann sind sie gesättigt. Dann kann es kritisch werden. Die eingelagerten Stoffe können sogar miteinander reagieren und neue, unerwünschte chemische Verbindungen bilden.
Wie soll ein Filter im Durchlaufverfahren zwischen “guten” und “schlechten” Stoffen unterscheiden können? Marketing-Versprechen hin oder her – physikalisch unmöglich!
Die Premium-Klasse: Keramik- und Mehrstufenfilter
Diese beeindruckenden Systeme kosten teilweise zwischen 400 und 4.000 Euro. Einzelne Extrembeispiele schlagen mit 7.600 Euro zu Buche!
Aber Achtung: Teuer bedeutet nicht automatisch besser. Ein persönlich getestetes System für über 7.600 Euro zeigte in Tests sogar höhere Schadstoffkonzentrationen als ungefiltertes Wasser! Warum? Die angesammelten Schadstoffe hatten reagiert und bildeten eine Art “Giftcocktail”.
Fazit: Auf Hygiene und Wechsel achten!
Bei allen Filtersystemen gilt:
- Regelmässig wechseln – bevor sie gesättigt sind
- Kühl lagern, um Keimbildung zu verhindern
Wasserromantik trifft Wissenschaft – Plädoyer für Wachsamkeit und Gelassenheit
Der Traum vom kristallklaren Wasser. Wir alle haben ihn. Doch selbst im malerischen Hochgebirgsbach lauern heute messbare Rückstände. Eine ernüchternde Wahrheit unserer Zeit.
Die Illusion der absoluten Reinheit
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Selbst in entlegensten Gebieten finden sich Spuren menschlicher Aktivität im Wasser. Ob Gletschersee oder Grossstadtleitung – völlig unbelastetes Wasser bleibt ein Wunschtraum.
Bedeutet das, wir sollten in Panik verfallen? Keineswegs.
“Man darf sich nicht verrückt machen lassen.”
Die Stärke des Körpers
Unser Organismus hat sich über Jahrtausende angepasst. Er kann mit vielem umgehen, was moderne Technologie manchmal zum Problem erklärt. Kalt duschen, sich draussen bewegen, den Körper stärken – diese einfachen Massnahmen sind oft wirksamer als jede teure Filtertechnik.
Aber was ist mit diesen Filtersystemen? Sie kommen in verschiedensten Preiskategorien.
Filter: Hilfsmittel, keine Wunderlösung
Die Preisspanne für mehrstufige Filtersysteme ist beeindruckend: Von rund 400 bis zu 7.600 Euro reicht das Angebot. Doch ein höherer Preis garantiert nicht automatisch bessere Qualität.
Viele Systeme funktionieren ähnlich: Keramikfilter, Aktivkohle, Sedimentfilter, Mineralisierung – oft in einem Freifallsystem ohne Stromanschluss. An sich sinnvoll, aber:
- Fehlerhafte Bedienung kann die Wirkung zunichte machen
- Mangelnde Wartung führt zu Verkeimung
- Im Sommer können Temperaturen von 35° im Behälter neue Probleme schaffen
Für Gelassenheit und gesunden Menschenverstand
Wasserfilter sind Werkzeuge, keine Alleskönner. Sie können helfen, sollten aber mit Verstand eingesetzt werden. Besonders wichtig: Die beste Technik nutzt nichts ohne richtige Handhabung.
Die wahre Kunst liegt im Gleichgewicht. Zwischen berechtigter Vorsicht und übertriebener Angst. Zwischen sinnvoller Filterung und blindem Vertrauen in teure Geräte.
Der Mittelweg: Pragmatismus statt Perfektionismus
Wasser hat uns seit jeher fasziniert. Als lebensspendende Kraft, als Symbol der Reinheit. Diese emotionale Bindung darf bestehen bleiben – trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Aber wir müssen auch realistisch sein. Perfektes Wasser existiert nicht mehr. Vielleicht hat es nie existiert.














