Co-Abhängigkeit und Helfersyndrom – sprengen Sie die Ketten! Ein Interview mit Dr. med. Christa‑Maria Hempel, Palliativmedizinerin, Neurologin und Psychiaterin

Co-Abhängigkeit und Helfersyndrom: Unsichtbare Ketten sprengen!

Inhaltsübersicht

Einleitung

In diesem Gespräch erklärt Dr. med. Christa‑Maria Hempel, wie Co‑Abhängigkeit und das Helfersyndrom entstehen, wie sie Beziehungen prägen und welche Wege es aus den unsichtbaren Ketten gibt. Sie spricht klar und empathisch über Ursachen, Kontrollverlust, die Rolle der Gesellschaft und praktische Schritte zur Befreiung. Dieser Text verbindet die Erkenntnisse aus erfahrungsmedizinischer Praxis mit der Brücke Schulmedizin und Ganzheitsmedizin und verweist auf Angebote von QS24, wikiSana, QS24.tv, Sprechstunden, die Orientierung und Unterstützung bieten.

Interview

Frau Dr. Hempel, was versteht man grundsätzlich unter Co‑Abängigkeit?

Frau Dr. Hempel erläutert, dass Co‑Abhängigkeit kurz gefasst das Verhalten beschreibt: “Kann ich dir helfen, mir geht es so schlecht.” Es handelt sich um die Sucht hinter der Sucht. Während Suchtkranke an einer sichtbaren Abhängigkeit leiden, sorgt die Co‑abhängige Person durch Schützen, Verbergen oder Kontrollieren dafür, dass die Sucht fortbesteht. Das eigene Wohl und die eigene Gesundheit treten zurück, weil das Helfen das eigene Innenleben reguliert.

Definition: Co‑Abhängigkeit als 'Sucht hinter der Sucht'

Welche Beispiele illustrieren dieses Muster im Alltag?

Dr. Hempel nennt einfache, prägnante Alltagsszenen: Die Ehefrau, die den betrunkenen Ehemann beim Arbeitgeber entschuldigt, oder das Aufräumen der Flaschen, wenn die Kinder zu Besuch kommen. Diese Handlungen erscheinen verständlich und liebevoll, stabilisieren aber die Suchtstruktur des anderen und verbergen die eigene Bedürftigkeit nach Kontrollgefühl und Anerkennung.

Beispiel: Ehefrau ruft beim Arbeitgeber an

Wie entsteht Co‑Abhängigkeit? Welche gesellschaftlichen Ursachen sehen Sie?

Frau Dr. Hempel beschreibt Co‑Abhängigkeit als Produkt einer Zeit, die sie das Zeitalter der Sucht nennt. Von klein auf werde vermittelt: Gebe mehr, als du zurückbekommst. Elternhaus, Schule, Vereine, Kirche und Politik konditionieren Rollen, in denen das Wohl des Anderen priorisiert wird. Daraus entsteht eine Beziehungssucht: Geben bedeutet Kontrolle. Die Gesellschaft bietet viele Kanäle, in denen dieses Muster als normal gilt.

Gesellschaftliche Konditionierung: Mehr geben als erhalten

Welche Rolle spielt Kontrollverlust und Loslassen?

Ein zentrales Thema in der Praxis von Dr. Hempel ist die Angst vor Kontrollverlust. Wer gibt, fühlt sich mächtig. Annehmen heißt bewusst kontrollieren aufgeben. Besonders eindrücklich schildert sie Situationen in der Palliativversorgung: Angehörige möchten durch Zuwendung Leben erhalten, obwohl der Körper es nicht mehr verarbeiten kann. Loslassen wird hier zur ethischen und emotionalen Brücke zwischen Hilfe und Übergriffigkeit.

Palliativversorgung: das schwierige Thema Loslassen

Wie kann man beginnen, sich von Co‑Abhängigkeit zu befreien?

Frau Dr. Hempel empfiehlt mehrere Schritte: Bewusstmachung, Grenzen ziehen, Nicht‑ins‑Ergebnis‑Investieren und Hilfe suchen. Eine hilfreiche Frage sei: In wessen Angelegenheit befinde ich mich? Wer diese Frage regelmäßig stellt, erkennt schnell, ob er sich in fremde Bereiche drängt. Praktische Methoden sind Selbsthilfegruppen (CODA), therapeutische Begleitung, systemische Aufstellungen und hypnotherapeutische Arbeit.

Schlüsselfrage: In wessen Angelegenheit befinde ich mich?

Selbsthilfegruppen helfen – aber gibt es Risiken?

Die Erfahrung zeigt: Selbsthilfegruppen sind wertvoll, doch nicht jede Gruppe fördert die Entwicklung. Wenn in einer Gruppe Stillstand herrscht, kann sie stagnierend wirken. Dr. Hempel betont, wie wichtig Sponsoren sind — Menschen, die ein oder zwei Schritte weiter sind und außerhalb der Treffen unterstützend erreichbar bleiben. Co‑Abhängigkeit ist kein Zustand, den man allein dauerhaft löst; es braucht kollektive und professionelle Begleitung.

Selbsthilfegruppen: Chancen und Stolpersteine

Welche Rolle spielt die Sehnsucht hinter der Sucht?

Dr. Hempel fasst es visionär zusammen: Hinter allen Süchten steht die Suche nach bedingungsloser Liebe. Solange man die wahre Sehnsucht nicht erkennt, wählt man die falschen Mittel. Stoffliche und nicht stoffliche Süchte sind verschiedene Antworten auf dasselbe tiefe Bedürfnis. Die Aufgabe besteht darin, die Sehnsucht zu spüren und zu lernen, sie anders zu stillen.

Die tiefe Sehnsucht: Suche nach bedingungsloser Liebe

Wie lässt sich dieses Gefühl der bedingungslosen Liebe erreichbar machen?

Frau Dr. Hempel beschreibt zwei Wege: Übung im Wachbewusstsein über Gefühlsarbeit und geführte Hypnose. In Gruppen gelinge das Erleben schneller, weil Resonanz erzeugt wird. Spezifisch nennt sie die Hypnoseform “Spirit of Light“, die Menschen in ein Gefühl führt, das sie im Alltag wieder abrufen können. Nach einem solchen Erleben fällt es leichter, in schwierigen Momenten nicht in alte Muster zurückzufallen.

Hypnose 'Spirit of Light' als Weg zur bedingungslosen Liebe

Welche therapeutischen Ansätze sind besonders wirksam?

Systemische Aufstellungen, Hypnosen und spezialisierte Therapieformen für Beziehungssucht sind nach Dr. Hempel oft hilfreicher als reine Verhaltenstherapie. Entscheidend ist, dass die Therapie die tieferen Gefühle erreicht und die Grenzziehung zwischen den Lebensbereichen sichtbar macht. Aufstellungen können plastisch darstellen, wo die Grenze des Anderen endet und wo die eigene Aufgabe beginnt.

Systemische Aufstellungen: Grenzen sichtbar machen

Praktische Werkzeuge und Empfehlungen

  • Reflektieren Sie regelmäßig: In wessen Angelegenheit bin ich?
  • Üben Sie bewusstes Loslassen: kurzes Mantra oder Satz zur Erinnerung.
  • Suchen Sie unterstützende Gruppen (CODA) und einen Sponsor.
  • Erwägen Sie therapeutische Begleitung: Hypnose, systemische Aufstellung, integrative Therapie.
  • Trainieren Sie Gefühlswahrnehmung im Körper, allein oder in Gruppen.

FAQ

Wie erkenne ich, ob ich co‑abhängig bin?

Typische Hinweise sind: Sie fühlen sich für das Wohlergehen anderer verantwortlich, vernachlässigen eigene Bedürfnisse, kontrollieren oder schützen übermäßig und fühlen sich innerlich bestätigt durch das Helfen. Fragen wie “In wessen Angelegenheit befinde ich mich?” helfen zur Selbsteinschätzung.

Sind Selbsthilfegruppen sinnvoll?

Ja, wenn sie Entwicklung ermöglichen. Wichtig ist ein Sponsor und eine Gruppe, in der Veränderung gefördert wird. Stagnierende Gruppen können hingegen entmutigen. Online‑Angebote sind eine Alternative für Menschen auf dem Land oder mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten.

Hilft Verhaltenstherapie bei Co‑Abhängigkeit?

Reine Verhaltenstherapie greift oft zu kurz, weil tieferliegende Gefühle und systemische Muster fehlen. Integrative Ansätze wie Hypnose, Aufstellungen und gefühlstherapeutische Arbeit sind häufig effektiver.

Was sind schnelle erste Schritte zur Veränderung?

Bewusstmachung, klare Frage nach der eigenen Angelegenheit, ein Loslass‑Mantra, die Suche nach einer unterstützenden Gruppe und gegebenenfalls ein erstes Beratungsgespräch bei einem erfahrenen Therapeuten.

Weiterführende Angebote von QS24

Wenn Sie Vertiefung, Praxisangebote und Vernetzung suchen, finden Sie bei QS24, wikiSana, QS24.tv, Sprechstunden zahlreiche Ressourcen:

  • QS24 Gesundheitskompass: Ausgabe 1 erreichte eine Auflage von 140’000 Exemplaren. Die zweite Ausgabe erscheint im November 2025 mit über 600.000 Exemplaren, davon rund 580.000 im D‑A‑CH‑Raum verteilt.
  • QS24 Academy: Einzigartige Kurse mit Experten und Zertifikaten. Plattform: https://my.qs24.academy
  • Online‑Zeitung Gesundheitskompass: https://qs24.run/online
  • QS24 App: Installieren Sie die App für Sendungen und vertiefende Inhalte: https://www.qs24.tv/qs24-app/
  • QS24 Sprechstunden: Interaktive Experten‑Events und Live‑Fragerunden: https://qs24.run/sprechstunden
  • Newsletter: Bleiben Sie informiert: https://www.qs24.tv/newsletter/

Die QS24 Mediengruppe AG bietet eine weitreichende Plattform mit über 6.500 Videos, einem großen Expertennetzwerk und einer Tagesreichweite von bis zu 600.000 Zuschauerinnen und Zuschauern. Nutzen Sie diese Brücke zwischen Schulmedizin und Ganzheitsmedizin, um fundierte, integrative Wege zu Ihrer Gesundheit zu finden.

Abschluss

Co‑Abhängigkeit ist eine Beziehungssucht, die sich leise einschleicht und Beziehungen massiv prägen kann. Die Arbeit daran ist ein Prozess in Spiralen: Man begegnet denselben Themen immer wieder, steigt aber stufenweise auf. Mit Selbstmitgefühl, professioneller Begleitung und kollektiver Unterstützung lassen sich die unsichtbaren Ketten Stück für Stück sprengen.

Herzlichen Dank für Ihr Interesse. Bleiben Sie neugierig und wohlwollend sich selbst gegenüber.

Mit warmen Grüßen und Dankbarkeit,

Ihr QS24‑Team

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