Inhaltsverzeichnis:
- Was innere Stärke bei Krebs wirklich bedeutet – Drei Säulen statt Superkräfte
- Warum Angst alles dominiert – und wie Negativverzerrung uns austrickst
- Alltagstaktiken aus dem Leben – Fokus, leichtes Gepäck und proaktive Dankbarkeit
Die Diagnose Krebs – ein Moment, der plötzlich alles auf den Kopf stellt. Es fühlt sich an, als ob man durch eine Falltür ins Bodenlose stürzt. Doch zwischen Angst, Überforderung und dem Drang, sofort handeln zu müssen, wächst manchmal etwas Überraschendes: die innere Stärke. Sie ist kein angeborenes Talent und schon gar kein mystisches Ideal. Sondern manchmal, so sagt es Klaus Pertl, ist sie wie ein Muskel, den man erst dann entdeckt, wenn man ihn am dringendsten braucht. Und ja, manchmal reicht eine kleine Alltagsanekdote – etwa die Dankbarkeit für ein gefundenes Portemonnaie – um den Fokus zurück auf das Heute zu lenken. In diesem Beitrag geht es nicht um Heldenreisen, sondern um sehr menschliche, manchmal widersprüchliche Methoden, wie man mit einer schweren Diagnose seelischen Halt findet.
Was innere Stärke bei Krebs wirklich bedeutet – Drei Säulen statt Superkräfte
Die Diagnose Krebs lässt viele Menschen zunächst ins Bodenlose fallen. Plötzlich überwiegen Hilflosigkeit, Angst und Überforderung – genau dann, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen. Doch was bedeutet es eigentlich, in solchen Momenten “innerlich stark” zu sein?
Das 3E Zentrum mit seinem 3E-Programm bietet hier einen praktischen Ansatz: Innere Stärke ist keine mysteriöse Superkraft, sondern besteht aus drei konkreten, trainierbaren Elementen.
Die drei Säulen innerer Stärke
Statt sich in komplexen Konzepten zu verlieren, konzentriert sich der Ansatz auf drei wesentliche Bereiche:
- Selbstvertrauen – Das Vertrauen in die eigenen Entscheidungen, den eigenen Körper und die eigenen Fähigkeiten
- Fokus/Aufmerksamkeit – Die bewusste Lenkung der eigenen Wahrnehmung
- Klarheit – Die Fähigkeit, trotz Chaos zu wissen, was man selbst möchte
Klaus Pertl erklärt dazu:
“Also Selbstvertrauen ist so der erste Pfeiler von dem Thema innere Stärke.”
Selbstvertrauen: Ein trainierbarer Muskel
Ein entscheidender Punkt: Selbstvertrauen ist nicht angeboren, sondern lässt sich trainieren. Diese Erkenntnis ist befreiend. Das 3E Zentrum vergleicht innere Stärke mit einem Muskel – durch gezieltes Training kann er wachsen.
Vielleicht bringt jemand von Natur aus mehr mit als andere. Doch letztlich kann jeder diesen “Muskel” stärken. Dies gilt besonders für Menschen mit einer Krebsdiagnose, die oft das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren.
Der richtige Fokus schafft Handlungsspielräume
Wohin geht unsere Aufmerksamkeit? Diese Frage ist entscheidend. Unsere Zeit und Energie sind begrenzt.
Der Fokus auf das, was man beeinflussen kann, gibt neue Handlungsspielräume. Wenn die Aufmerksamkeit hingegen auf Ängsten und Sorgen liegt, verliert man innere Stärke.
Besonders in der Krebstherapie geraten Betroffene oft unter enormen Druck: “Sie können jetzt nicht mehr drüber schlafen. Wir müssen sofort handeln. Heute wird entschieden.” Solche Situationen erfordern gerade innere Ruhe – nicht hektisches Handeln aus Angst heraus.
Klarheit im Chaos finden
Der dritte Pfeiler ist vielleicht der wichtigste: Klarheit entsteht, wenn man trotz Chaos kleine Wünsche formuliert. In schwierigen Situationen verlieren viele Menschen den Überblick – links, rechts, vorwärts, rückwärts?
Der entscheidende Unterschied liegt darin, sich nicht auf “Müssen” oder “Sollen” zu konzentrieren, sondern auf das eigene “Wollen”, den eigenen Fokus auf das Leben.
Warum Angst alles dominiert – und wie Negativverzerrung uns austrickst
Unser Gehirn hat einen faszinierenden Fehler: Es merkt sich schlechte Dinge besser als gute. Nach einer Krebsdiagnose wird dieser Mechanismus besonders deutlich – plötzlich scheint alles düster.
Die Macht negativer Gedanken
Haben Sie sich jemals gefragt, warum schlechte Nachrichten so viel stärker haften bleiben als positive? Die Antwort liegt in unserer evolutionären Vergangenheit.
Das Gehirn zappt instinktiv negative Erinnerungen besonders schnell an. Dieser Mechanismus hat einen simplen Grund: Überleben. Für unsere Vorfahren war es überlebenswichtig zu wissen, wo Gefahren lauerten.
“Man braucht fünf positive Erlebnisse, um eine negative Erfahrung auszugleichen.” – Klaus Pertl
Diese “Negativverzerrung” war einmal lebensrettend. Wenn Sie wussten, in welchem Teil des Waldes ein Raubtier lebte, konnten Sie diesen meiden. Ob es irgendwo schön war? Nicht so wichtig für’s Überleben.
Das Problem: Obwohl wir heute in relativer Sicherheit leben – seit etwa 70 Jahren ohne ständige Lebensbedrohung – funktioniert unser Gehirn noch immer nach diesem alten Muster.
Der Teufelskreis der Bestätigungsverzerrung
- Das Gehirn zappt instinktiv negative Erinnerungen besonders schnell an
- Fünf positive Erfahrungen braucht es, um eine schlechte auszugleichen
- Mediale und persönliche Beispiele wirken wie „Selektive Wahrnehmung” – Plötzlich begegnet einem Krebs überall
Noch komplizierter wird es durch einen zweiten psychologischen Effekt: die Bestätigungsverzerrung. Unser Gehirn sucht ständig nach Bestätigung für das, was wir bereits glauben.
Denken Sie an rote Autos. Sobald Sie anfangen, auf rote Autos zu achten, scheinen sie plötzlich überall zu sein. Das Gleiche passiert nach einer Krebsdiagnose: Wer ängstlich ist, nimmt plötzlich vermehrt negative Geschichten wahr.
Der Einfluss von Umfeld und Medien
Nach einer Diagnose berichten Freunde und Bekannte oft von schlimmen Fällen, die sie kennen. Was wir selten hören, sind die Erfolgsgeschichten. Medien verstärken diesen Effekt, indem sie vorwiegend über dramatische Verläufe berichten.
So entsteht ein verzerrtes Bild. Wir hören zehn Geschichten über Menschen, die gestorben sind – und keine über die, die ihren Krebs besiegt haben. Und was wir oft hören, prägt unser Denken.
Die Folge: Das Gefühl “es lohnt sich nicht” macht sich breit. Die Energie zu handeln schwindet, weil alles hoffnungslos erscheint.
Alltagstaktiken aus dem Leben – Fokus, leichtes Gepäck und proaktive Dankbarkeit
Wenn das innere Lebensfeuer durch eine Krebsdiagnose plötzlich erlischt, braucht es alltagstaugliche Strategien, um es wieder zu entfachen. Unsere Gedanken werden oft von negativen Erinnerungen dominiert – dabei besitzen wir gleichzeitig einen Schatz an positiven Erfahrungen, die uns Kraft geben können.
Leichtes Gepäck sammeln
Eine wirksame Taktik ist das Erschaffen von “leichtem Gepäck”. Damit sind all jene Erfolge und positiven Erlebnisse gemeint, die wir bewusst sammeln und mitnehmen können. Unser Gehirn neigt durch die sogenannte Negativverzerrung dazu, Misserfolge überproportional wahrzunehmen. Zeit, gegenzusteuern!
Die Übung ist einfach: Fragen Sie sich regelmässig “Was habe ich gut hingekriegt?” – und zwar aus allen Lebensbereichen. Das Bewusstwerden der eigenen Erfolge wirkt wie ein psychisches Immunsystem. Man bringt dieses “leichte Gepäck” aus der Vergangenheit in die Gegenwart und stärkt so das Selbstvertrauen.
“Wie beim Krafttraining: Es braucht regelmässiges Training, nicht bloss die richtigen Vorsätze.” – Klaus Pertl
Positive Tagesrückblicke – aber schriftlich!
Ein weiterer Baustein: bewusste Tagesreflexion. Statt sich am Abend auf Misserfolge zu konzentrieren, lenken Sie den Fokus gezielt auf die Frage: Was war heute gut? Was hat funktioniert? Wo habe ich Fortschritte gemacht?
Entscheidend dabei: Es genügt nicht, diese Übung nur im Kopf durchzuführen. Die Negativverzerrung würde positive Gedanken schnell verdrängen. Stattdessen:
- Führen Sie ein kleines Notizbuch mit sich
- Schreiben Sie positive Erlebnisse sofort auf, wenn sie passieren
- Reflektieren Sie abends schriftlich Ihre Fortschritte
Diese bewussten positiven Tagesrückblicke sollten zur Routine werden – sie stärken nachweislich die psychische Widerstandskraft.
Dankbarkeit trainieren
Dankbarkeit ist eine Energiequelle, die wir oft unterschätzen. Die meisten praktizieren jedoch nur reaktive Dankbarkeit: Sie warten auf besondere Ereignisse, um dankbar zu sein – wie wenn jemand einen verlorenen Geldbeutel zurückbringt.
Viel wirksamer ist proaktive Dankbarkeit: das bewusste Erkennen von Dingen, für die wir jetzt schon dankbar sein können. Genau wie ein Muskel muss diese Fähigkeit regelmässig trainiert werden:
- Täglich nach Dankbarkeitsanlässen suchen – auch bei kleinen Dingen
- Nicht auf grosse Ereignisse warten
- Diese Dankbarkeitsmomente aufschreiben, nicht nur denken
Perspektivwechsel für schwierige Erlebnisse
Natürlich gibt es Tage mit Schmerzen und Kummer. Rücken Sie nicht diese Zeiten in Ihren Fokus, sondern die Momente des kleinen Glücks. Es geht ganz klar um einen Perspektivwechsel. Ein solcher erfordert Klarheit darüber, was Ihnen selbst und Ihren Angehörigen und Freunden Ihr Leben wert ist. Sehen Sie auch eine schwere Erkrankung als Chance – so verschieben Sie die Perspektive.














