Palliative Medizin ohne rosarote Brille: Zwischen Hoffnung, Realität und Ökonomie

Inhaltsverzeichnis:

Manchmal spielt das Leben nicht fair – und manchmal fühlt sich die Medizin an, als würde sie noch eine Extra-Karte aus dem Ärmel ziehen. Ich kann mich lebhaft an das Gespräch mit einer Freundin erinnern, die nach ihrer Krebsdiagnose im Dschungel der medizinischen Begriffe strandete. Begriffe wie ‘palliativ’, so sagte sie, klängen wie ein Trostpflaster, seien aber oft ein Startschuss zum Wettlauf gegen die Zeit. Doch was heisst eigentlich palliativ? Wie fühlt es sich für Betroffene an, wenn Hoffnung und Realität nicht das gleiche Lied singen? Genau darüber schreibe ich diesen Beitrag, mit echten Erlebnissen, verblüffenden Erkenntnissen und dem Anspruch: Lasst uns mal ehrlich hinschauen.

Der Mantel der Palliativmedizin: Begriff, Missverständnisse und die Kraft der Worte

Worte haben Macht. Besonders in der Medizin. Und kaum ein Begriff wird so missverständlich verwendet wie “palliativ”. Die meisten Menschen – Patienten wie Ärzte – übersetzen es einfach mit “lindernd”. Doch dahinter verbirgt sich mehr.

Die wahre Bedeutung von “palliativ”

Überraschend für viele: Der Begriff “palliativ” stammt ursprünglich vom lateinischen Wort “pallium” ab. Das bedeutet nicht einfach “Linderung”, sondern “Mantel” oder “Umhüllung”. Ein wunderschönes Bild, wenn man darüber nachdenkt.

Ist das nicht herzlich? Dir geht es nicht gut, also bekommt du einen warmen, schützenden Mantel, damit es dir besser geht. Diese ursprüngliche Bedeutung transportiert etwas viel Umfassenderes als blosse Symptomlinderung.

Kurativ vs. Palliativ: Ein entscheidender Unterschied

In der Medizin steht dem palliativen Ansatz der kurative gegenüber:

  • Kurativ: Auf Heilung ausgerichtet, behandelt die Ursache der Erkrankung
  • Palliativ: Symptomorientiert, fokussiert auf Lebensqualität und Wohlbefinden

Der Unterschied klingt simpel. Und doch führt er zu einem der grössten Kommunikationsprobleme in der Onkologie.

Das grosse Schweigen: Wenn Ärzte nicht ehrlich reden

Nach mehr als 25 Jahren Erfahrung mit Krebspatienten zeigt sich ein erschreckendes Muster: In rund 80% der Fälleklären Ärzte ihre Patienten nicht ehrlich auf, wenn eine Therapie nur noch palliativ wirkt.

Im Arztbericht steht dann “palliative Behandlung”, während der Patient glaubt, die Therapie könnte zur Heilung führen. Ein fatales Missverständnis.

Ein typisches Szenario

Die Situation spielt sich oft so ab:

“Wissen Sie, was diese palliative Behandlung bedeutet?” – “Na ja, die starten da noch einen Versuch.”
“Hat Ihr Arzt Ihnen gesagt, welche Art von Versuch das ist? Soll er dazu beitragen, dass Sie wieder gesund werden?”
“Ja natürlich. Sonst würde ich das doch nicht machen.”

Und dann folgt die Ernüchterung: “Hier steht etwas anderes. Hier steht ‘in palliativer Absicht’ – und das bedeutet nicht ‘in kurativer Absicht’, sonst würde das dort stehen.”

Die Enttäuschung ist verständlicherweise gross. Warum hat der Arzt das nicht offen angesprochen?

Die ökonomische Realität

Ein unbequemer Faktor: In der Onkologie werden nicht Millionen, sondern Milliarden bewegt. Ärzte und Kliniken profitieren davon. Manchmal führt dies zu Behandlungsentscheidungen, die wirtschaftlich sinnvoll sind, nicht aber unbedingt im besten Interesse des Patienten.

Die zwei Gesichter der Onkologie: Zwischen Heilung und Geschäft

Die moderne Onkologie steht an einem Scheideweg. Auf der einen Seite das aufrichtige Bemühen, Krebspatienten zu helfen; auf der anderen Seite ein milliardenschwerer Wirtschaftszweig mit eigenen Interessen.

Therapie ohne Aussicht: Das Dilemma am Lebensende

Warum erhalten Patienten im fortgeschrittenen Krebsstadium weiterhin Therapien mit minimalen Erfolgsaussichten? Diese Frage beschäftigt nicht nur Patienten und Angehörige, sondern zunehmend auch kritische Mediziner.

Die Realität ist ernüchternd: Häufig wird nach dem Prinzip “Probieren geht über Studieren” verfahren. In Europa sind mittlerweile über 200 Antikörper-Präparate zugelassen, doch ihre Wirksamkeit bleibt oft begrenzt.

“Mit Chemo weisst du, dass es seit über zwanzig Jahren gerade gar keine neue Chemotherapie gibt.”

Dieser Ausspruch beleuchtet einen weiteren Aspekt: Der Forschungsfokus hat sich komplett verschoben – weg von klassischen Chemotherapeutika hin zu kostenintensiven Antikörpertherapien.

Die erschreckende finanzielle Dimension

Die Zahlen sind beeindruckend:

  • 200.000 bis 380.000 Euro pro Antikörperbehandlung
  • 72% der medizinischen Kosten fallen in den letzten drei Lebensmonaten an
  • Über 200 zugelassene Antikörper in Europa, trotz häufig mangelnder Wirksamkeit

Was besonders zu denken gibt: Diese teuren Medikamente werden für wenige Cent produziert und für Hunderttausende verkauft. Bei manchen Therapien kostet bereits eine einzige Infusion bis zu 380.000 Euro.

Selbst bei verbreiteten Krebsarten wie Brust- oder Darmkrebs bewegen sich die Behandlungskosten im sechsstelligen Bereich. In der Onkologie werden nicht Millionen, sondern Milliarden bewegt – und Kliniken sowie Ärzte profitieren davon.

Die aufschlussreiche Anekdote

Ein besonders bezeichnender Fall: Ein Professor verabreichte einem Patienten einen Antikörper, obwohl er selbst sechs Monate zuvor eine Studie veröffentlicht hatte, die die Unwirksamkeit dieses Medikaments bei metastasiertem Prostatakrebs belegte.

Als er damit konfrontiert wurde, lautete seine Begründung sinngemäss: “Wir haben sonst nichts. Und würde ich ihm diese Therapie nicht geben, dann würde er in die Hände von Quacksalbern geraten.”

Diese Haltung offenbart ein fundamentales Problem: Die Angst, Patienten könnten sich alternativen, unwissenschaftlichen Behandlungen zuwenden, führt paradoxerweise dazu, unwirksame schulmedizinische Therapien anzuwenden.

Besonders problematisch: In etwa 80% der Fälle sprechen Ärzte nicht offen mit ihren Patienten über diese Realitäten. 

Schmerztherapie und Wunder: Wo palliative Medizin wirklich glänzt (und trotzdem Fehler macht)

In der Welt der Palliativmedizin gibt es Licht und Schatten. Eine der hellsten Stellen? Die Schmerztherapie. Hier hat die Palliativmedizin in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht.

Die Erfolgsgeschichte der palliativen Schmerztherapie

Die Schmerztherapie ist das Aushängeschild der Palliativmedizin. Und das aus gutem Grund. Während einzelne Antikörper-Therapien bei seltenen Indikationen über 300.000 Euro kosten können, bringt eine gut eingestellte Schmerzmedikation oft mehr Lebensqualität – und das deutlich kostengünstiger und effektiver.

Im Vergleich zu teuren Therapien mit fragwürdiger Wirkung leistet die Schmerztherapie täglich Beachtliches für Menschen in schwierigen Lebensphasen. Hier zeigt sich die Palliativmedizin von ihrer besten Seite.

Nicht immer ist Morphium die Antwort

Interessanterweise ist nicht immer das klassische Schmerzmittel die beste Lösung. Bei Knochenmetastasen kann beispielsweise eine gezielte Strahlentherapie als Schmerzbehandlung sinnvoller sein als hochdosiertes Morphium. Dies zeigt: Palliative Methoden können intelligent kombiniert werden, um die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen.

Die Schattenseite: Das WHO-Schmerzschema und seine Probleme

Doch es gibt auch Kritikpunkte. Das WHO-Schmerzschema, das in der Palliativmedizin häufig Anwendung findet, setzt auf eine dauerhafte Spiegeltherapie. Der Grundgedanke: Der Patient soll gar keine Schmerzen mehr spüren.

Das Problem dabei: Patienten verlieren das Gefühl für ihren tatsächlichen Schmerz. Sie wissen nicht mehr:

  • Wann haben sie wirklich Schmerzen?
  • Wie stark sind diese Schmerzen?
  • Welche Dosierung wäre angemessen?

Diese Entfremdung vom eigenen Schmerzempfinden kann problematisch sein – besonders wenn man nicht nur das Sterben erleichtern, sondern auch Heilungspotenziale erhalten möchte.

Die “Wunder” jenseits der Standardtherapie

Und genau hier liegt ein weiterer kritischer Punkt: Die palliative Grundhaltung geht davon aus, dass der Patient zu 100% sterben wird. Doch die Praxis zeigt immer wieder Fälle, in denen Menschen entgegen aller Prognosen gesunden – oft nach Therapien ausserhalb der Schulmedizin.

“Die Wunder gesehen. Ja, ich hab die Wunder, wie die’s nennen, ja, oder die Spontanremissionen, wie die’s nennen. Übrigens, das Wort ist eine doppelte Lüge. Erstens mal, weil nichts passiert spontan. Die Menschen haben unglaublich viel getan, gesund zu werden, ja?”

Teilen
Weitere Beiträge

Newsletter abonnieren