Soziale Gemeinschaften machen und halten gesund – Interview mit Prof. Dr. Hartmut Schröder, Experte für therapeutische Kommunikation

Der Mensch als Beziehungswesen: Warum Einsamkeit krank macht Kultur heilt

Inhaltsverzeichnis

Einführung

In diesem tiefgründigen Interview mit Prof. Dr. Hartmut Schröder, moderiert von Alexander Glogg für QS24 Schweizer Gesundheitsfernsehen, erfahren Sie, warum der Mensch mehr ist als Biologie allein und weshalb Kultur, Sprache und Gemeinschaft zentrale Heilkräfte darstellen. Die Diskussion zeigt auf, wie therapeutische Kommunikation zum eigentlichen Therapeutikum wird und was es konkret bedeutet, Medizin als Beziehungsmedizin zu denken.

Dieser Beitrag ist Teil der QS24, wikiSana, QS24.tv, Sprechstunden-Reihe und richtet sich an alle, die Gesundheit als lebenspraktische und soziale Aufgabe verstehen wollen.

Herr Professor Schröder, was meinen Sie mit der Aussage „Der Mensch ist ein Beziehungswesen“ – und warum ist das für die Medizin wichtig?

Prof. Dr. Hartmut Schröder erklärt, dass der Mensch historisch und biologisch auf Kooperation angewiesen ist. Sie als Leser werden verstehen: Gesundheit entsteht nicht isoliert in einem Organ, sondern im Zusammenspiel mit anderen Menschen und dem sozialen Umfeld. Einsamkeit ist kein bloßes Gefühl, sondern ein messbarer Risikofaktor für Krankheit und vorzeitigen Tod. Daher plädiert Schröder für eine Beziehungsmedizin, die Zuwendung, Fürsorge und Gemeinschaft aktiv in Heilungsprozesse einbindet.

Wie kann Sprache und Kommunikation selbst therapeutisch wirken?

Die Sprache hat Macht: Sie kann schaden oder heilen. Schröder beschreibt therapeutische Kommunikation als eine Form der Intervention, die selbst zum Heilmittel wird. Selbst offen gegebene Placebos zeigen, dass das Vertrauen und die Bedeutung, die ein Mensch einer Intervention zuschreibt, körperliche Wirkungen haben können. Für Sie heißt das konkret: Ein beruhigendes Gespräch, das Vertrauen stiftet und Selbstwirksamkeit stärkt, ist kein Zusatz — es ist Therapie.

Gespräch als Therapie: die Kraft der Sprache

Welche Rolle spielen Kultur und gemeinsames Erleben für Körper und Seele?

Kultur ist mehr als Hochkultur: Sie ist das tägliche Miteinander, Rituale, gemeinsames Singen, Tanzen oder Musizieren. Prof. Schröder betont, dass kulturelle Teilhabe Freude, Resonanz und Muße schenkt — Faktoren, die nachweislich das Immunsystem stärken. Studien zeigen: Schon wenige kulturelle Erlebnisse pro Jahr reduzieren die Sterbewahrscheinlichkeit deutlich. Für Sie als Gestalter des eigenen Lebens bedeutet das: Kultur zu pflegen ist Prävention, kein Luxus.

Gemeinsames Singen als Stärkung für das Immunsystem

Wie hat die Corona-Zeit gezeigt, wie wichtig Kultur für die Gesundheit ist?

Die Pandemie hat sozial verbindende Räume reduziert oder geschlossen. Schröder beschreibt dies als verpasste Chance: Kultur entschleunigt, erzeugt Resonanz und stärkt kollektive Immunität. Virtuelle Angebote konnten zwar Brücken bauen, ersetzten aber nicht die körperliche Nähe und geteilte Erfahrung. Wenn Sie darüber nachdenken, sollten Sie Kultur nicht länger als «nice to have» betrachten, sondern als Teil Ihrer Gesundheitsstrategie.

Wie lässt sich die heilende Kraft der Kultur im Alltag spüren — auch ohne Museum oder Konzertsaal?

Prof. Schröder macht deutlich: Alltag ist Kultur. Singen zu Hause, gemeinsame Mahlzeiten, Begrüßungsrituale, Nachbarschaftstreffen — all das sind kulturelle Handlungen mit heilsamer Wirkung. Er verweist auf den lateinischen Ursprung von kultur (kulere = pflegen, bearbeiten): Kultur ist Sorge und Pflege. Für Sie heißt das konkret: Pflegen Sie kleine Rituale, kultivieren Sie Begegnungen, investieren Sie Zeit in Begegnung statt in schnelle Ablenkung.

Was können Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten von Kulturwissenschaften lernen?

Die ärztliche Praxis ist ebenfalls Kultur: Raumgestaltung, Begrüßung, Farbe, Pflanzen — all das vermittelt Botschaften und beeinflusst Heilung. Schröder fordert, dass medizinische Institutionen nicht nur funktional, sondern auch menschlich gestaltet werden. Er plädiert für mehr Muße in der Beratung, für Räume, die Zugewandtheit signalisieren, und für ein Gesundheitssystem, das nicht primär profitorientiert, sondern fürsorglich ist. Für Sie als Patientin oder Patient bedeutet das: Suchen Sie Ärztinnen und Ärzte, die Beziehung herstellen — das ist Teil der Therapie.

Praxisgestaltung als Ausdruck kultureller Medizin

Kerngedanken — eine Zusammenfassung

  • Der Mensch ist von Natur aus ein Beziehungswesen; Gesundheit entsteht im sozialen Kontext.
  • Therapeutische Kommunikation wirkt selbst als Therapeutikum: Worte, Zuversicht und Zuwendung haben biologische Effekte.
  • Kulturelle Teilhabe (Singen, Musizieren, Theater) stärkt das Immunsystem und senkt die Sterbewahrscheinlichkeit.
  • Ein profitorientiertes Gesundheitssystem gefährdet die fürsorgliche, relationale Medizin.
  • Alltagskultur kann und sollte kultiviert werden — als konkrete Prävention und Ressource.

FAQ — Häufig gestellte Fragen

Ist Einsamkeit wirklich ein medizinisches Problem?

Ja. Einsamkeit ist wissenschaftlich als Risikofaktor belegt. Langfristig fehlende soziale Kontakte erhöhen die Anfälligkeit für Krankheiten und verkürzen die Lebenszeit. Deshalb ist soziale Teilhabe gesundheitspolitisch wie individuell wichtig.

Kann Kultur wirklich das Immunsystem stärken?

Studien zeigen positive Effekte, insbesondere gemeinsames Musizieren und Singen. Kultur fördert Freude, Resonanz und Stressreduktion — alles Faktoren, die das Immunsystem unterstützen.

Wie kann ich als Patient aktiv zur eigenen Gesundheit beitragen?

Machen Sie Gesundheit zur Chefsache: Körperhygiene allein genügt nicht. Pflegen Sie Psycho‑ und Seelenhygiene, suchen Sie soziale Bindungen und nehmen Sie an kulturellen Aktivitäten teil. Kleine Rituale im Alltag zählen.

Was kann die Politik tun?

Politik muss Kultur zugänglicher und nicht profitorientiert gestalten. Investitionen in Bildung, Kultur und Gemeinschaft sind Gesundheitsförderung. Profitorientierung im Gesundheitssystem sollte zurückgedrängt werden zugunsten einer Cura-orientierten Versorgung.

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Abschließende Worte

Prof. Dr. Hartmut Schröder mahnt eine Rückkehr zur fürsorglichen, sozialen Medizin an: Brücken zu bauen zwischen Schulmedizin und Ganzheitsmedizin, zwischen Ursache und Wirkung und zwischen Individuum und Gesellschaft. Für Sie bedeutet das eine Einladung: Pflegen Sie Beziehungen, kultivieren Sie kleine Rituale und machen Sie Kultur und Kommunikation zu Bausteinen Ihrer Gesundheit. Nur so kann Heilung ganzheitlich wirken.

Herzlichen Dank für Ihr Interesse. Bleiben Sie neugierig, bleiben Sie verbunden.

Mit warmen Grüßen und Dankbarkeit,
Alexander Glogg

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