In diesem ausführlichen Interview erklärt Dr. Heiko Hofmann, Biologe und Leiter diagnostischer Forschung bei biovis Diagnostik, wie sich die Labormedizin in den letzten hundert Jahren verändert hat und welche neuen Möglichkeiten heute für Prävention und Therapie bestehen. Das Gespräch wurde im Rahmen einer Sendung von QS24 – Schweizer Gesundheitsfernsehen geführt. Wenn Sie tiefer einsteigen möchten, finden Sie weitere Inhalte und Austauschmöglichkeiten auf QS24, wikiSana, QS24.tv und bei unseren Sprechstunden.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung – Von Reagenzgläsern zu Sequencern
- Interview
- Praktische Tipps: Was Sie heute tun können
- FAQ – Häufig gestellte Fragen
- Abschluss und Ausblick
- Weiterführende Angebote von QS24
- Dank und herzliche Empfehlung
Einführung – Von Reagenzgläsern zu Sequencern
Dr. Heiko Hofmann beschreibt den Wandel der Labormedizin als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft: Vor hundert Jahren war Diagnostik oft grob, heute führen Hochtechnologien wie Massenspektroskopie und Sequencer zu präzisen, individualisierten Aussagen. Dieses Interview führt Sie durch Beispiele, praktische Empfehlungen und Visionen, wie die Labordiagnostik Therapieentscheidungen verändern kann.
Interview
Britta Bertholdt: Wie stark hat sich die Labormedizin in den letzten 100 Jahren verändert?
Dr. Hofmann: Die Veränderung ist enorm. Vor 100 Jahren wusste man oft nicht einmal, was Viren sind. Methoden wie die Kultur von Bakterien auf Platten waren großartige Pionierschritte (Robert Koch, Louis Pasteur). Heute haben wir Massenspektrometer, Sequencer und komplett neue Testfelder – von Vitaminen über Schwermetalle bis hin zu Umweltbelastungen. Unser Wissen verdoppelt sich in diesem Bereich nahezu jährlich, wodurch wir ganz neue therapeutische Optionen anbieten können.
Britta: Wie viele unterschiedliche Tests gibt es heute?
Dr. Hofmann: In einem großen modernen Labor sind Tausende von Untersuchungstypen möglich. Allein im Bereich Stuhl, Mikrobiologie, Infektionen, Virologie und klinischer Chemie schätze ich leicht 5.000 verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten. Das eröffnet Möglichkeiten, die vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar gewesen wären.

Britta: Es gab immer nur die Untersuchung „Gute“ vs. „böse“ Bakterien. Wie hat sich das gewandelt?
Dr. Hofmann: Genau – Robert Koch hat uns gezeigt, wie man krankmachende Keime identifiziert. Parallel dazu entwickelte sich die Erkenntnis von gesundmachenden Keimen. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg gab es Beobachtungen (z. B. Nisselstamm von E. coli), die zeigten: Es gibt nützliche Bakterien. Heute untersuchen wir das Mikrobiom und hunderte bis tausend Arten im Darm. Daraus ergeben sich sehr viel präzisere Therapien – personalisiert statt pauschal.

Britta: Wie aussagekräftig sind klassische Blutbilder heute?
Dr. Hofmann: Das kleine oder große Blutbild ist nach wie vor eine nützliche Basis – besonders bei akuten, schweren Erkrankungen wie Leukämie oder zur Kontrolle einer Chemotherapie. Aber viele chronische Beschwerden wie Erschöpfung, Schlafstörungen oder Hautprobleme lassen sich damit nicht präzise erklären. Moderne Labormedizin geht weit darüber hinaus: Sie misst Mikronährstoffe, mitochondrialen Zellstoffwechsel, stille Entzündungen und vieles mehr.

Britta: Können Sie ein Beispiel nennen, wie eine genaue Labordiagnostik hilft?
Dr. Hofmann: Gerne. Ein junger Patient kam nach einer Covid-Infektion mit starker Erschöpfung. Klassische Tests zeigten kaum Auffälligkeiten. Die gezielte Untersuchung der Mitochondrienfunktion offenbarte einen deutlichen Vitamin-B3-Mangel. Eine Vitamin‑B12‑Spritze, wie sie früher oft gegeben wurde, hätte hier nicht geholfen. Solche präzisen Stellschrauben vermeiden unnötige Therapien und bringen gezielte Hilfe.

Britta: Es kursiert viel Ratgeberwissen im Internet. Wie steht es mit Selbsttests und Selbstmedikation?
Dr. Hofmann: Grundsätzlich ist Vorsorgeüberprüfung wie z. B. Vitamin D zuhause testen in Ordnung, wenn Sie sich gesund fühlen. Bei Symptomen, chronischen Beschwerden oder Verdacht auf ernsthafte Erkrankungen empfehle ich dringend die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Therapeuten. Es gibt viele Fälle, in denen Selbstmedikation schadet oder zumindest nicht hilft – etwa wenn jemand ohne Analyse Eisen einnimmt, obwohl andere Mineralien fehlen oder Schwermetallbelastungen vorliegen.
Britta: Sie haben einmal einen Fall geschildert, bei dem Ernährung Schadstoffe gebracht hat. Was können Sie dazu sagen?
Dr. Hofmann: Ein Patient stellte seine Ernährung auf Reis, Gemüse und viel Fisch um – wohlmeinend, aber einseitig. Die Folge: hohe Arsen- und Quecksilberbelastung und gleichzeitig ein Mangel an wichtigen Spurenelementen wie Chrom. Solche Wechselwirkungen zeigen: Gute Nährstoffe können durch Schadstoffe blockiert werden. Eine einfache Messung der Depots bei einem Therapeuten hätte die Problematik früh erkannt.
Britta: Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in der Labordiagnostik?
Dr. Hofmann: KI ist bereits heute ein Werkzeug, das Laborbefunde, Anamnese und Bildgebung kombinieren kann. Ein Algorithmus kann Muster erkennen, die ein einzelner Arzt in der knappen Zeit übersieht – beispielsweise zusätzliche Auffälligkeiten in einem MRT oder Zusammenhänge zwischen Darmbefund und psychischen Symptomen. Wichtig ist der verantwortungsvolle Einsatz: Daten bleiben geschützt, das Ziel ist immer die bestmögliche Therapie für den Patienten.

Britta: Werden diese erweiterten Tests von der Krankenkasse übernommen?
Dr. Hofmann: Oft noch nicht. Viele Krankenkassen finanzieren standardisierte Diagnostik für akute Erkrankungen und Vorsorgeprogramme. Spezialisierte Präventionstests und erweiterte Mikronährstoff‑ oder Mitochondrien‑Analysen sind häufig privat zu bezahlen. Wir hoffen, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren mehr dieser sinnvollen Diagnosen in die Erstattungssysteme aufgenommen werden.
Britta: Welches sind Ihre Empfehlungen für prophylaktische Tests?
Dr. Hofmann: Messtechnisch empfehle ich punktuelle Checks: Vitamin D (vor allem im Winter), ein Vollblut‑Mineralienprofil (nicht nur Serum), sowie gezielte Tests bei Symptomen wie Krämpfen, chronischer Müdigkeit oder wiederkehrenden Infekten. Viele dieser Tests kosten verhältnismäßig wenig (z. B. 20–40 Euro) und geben wichtige Hinweise. Wichtiger als Dauermessungen sind aber die richtige Auswahl der Tests und die Interpretation durch Fachleute.
Praktische Tipps: Was Sie heute tun können
- Wenn Sie gesund sind und nur vorsorgen möchten: vereinfachte Tests wie Vitamin D sind akzeptabel.
- Bei Symptomen oder chronischen Beschwerden: suchen Sie einen auf Labordiagnostik spezialisierten Therapeuten.
- Vermeiden Sie unkontrollierte Selbstmedikation – Tests geben Orientierung, aber die richtige Interpretation ist entscheidend.
- Fragen Sie nach Vollblut‑Mineralprofilen, mitochondrialen Tests und Mikrobiom‑Untersuchungen, wenn Symptome persistieren.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Welche Tests sind für vorbeugende Gesundheitschecks sinnvoll?
Für die Prävention empfehle ich punktuelle Checks wie Vitamin D, sowie gelegentliche Kontrollen von Spurenelementen (Selen, Zink, Magnesium). Diese Tests sind kostengünstig und geben einen sinnvollen Überblick über Ernährungsversorgung.
Kann ich Laboruntersuchungen online bestellen oder sollte ich immer zum Arzt?
Beides ist möglich. Für reine Vorsorge (z. B. Vitamin D) können Online‑Tests ausreichend sein. Bei Symptomen, Allergien oder chronischen Erkrankungen sollten Tests stets in Abstimmung mit einem Therapeuten erfolgen, der Anamnese, Labor und Therapie zusammenführt.
Wie sicher sind private Labortests in Bezug auf Datenschutz?
Seriöse Labore behandeln Daten nach strengen Datenschutzrichtlinien. Beim Einsatz von KI müssen Daten gesichert und nur im erlaubten Rahmen genutzt werden. Fragen Sie im Zweifel nach der Datenhaltung und -nutzung.
Gibt es Risiken bei Vitamin‑Substitution?
Ja – grundsätzlich kann zu viel von bestimmten Vitaminen schaden. Bei Vitamin D sind Überdosierungen selten, aber möglich. Halten Sie sich an Dosierungsempfehlungen Ihres Therapeuten und kontrollieren Sie die Werte bei regelmäßiger Einnahme.
Abschluss und Ausblick
Die Labormedizin hat sich von einfachen Reagenzglas‑Experimenten zur hochpräzisen Brücke zwischen Schulmedizin und Ganzheitsmedizin entwickelt. Sie erlaubt heute personalisierte Therapien, frühzeitige Erkennung von Mängeln, die Analyse des Mikrobioms und die Bewertung zellulärer Energieprozesse. KI und moderne Bildgebung ergänzen diesen Weg und helfen, Diagnosen genauer zu stellen.

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Dank und herzliche Empfehlung
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Mit herzlicher Dankbarkeit,
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